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Warum du nicht tief beugen musst!

Grundsätzlich ist der durchschnittliche Bodybuilder ein besonnener und in sich gekehrter Typ, der sich selten aus der Ruhe bringen lässt. Er ist gerne in seinem Kosmos, konzentriert sich auf seine Einheiten und möchte nicht gestört werden, wenn er gerade dabei ist, schwere Gewichte zu bewegen. Natürlich hat auch seine Geduld irgendwann ein Ende und es gibt Situationen, in denen die Toleranzgrenze eines Kraftsportlers überschritten wird. Werden im Squat-Rack Curls ausgeführt oder Kurzhanteln in großem Stil gehortet, kann der Athlet schon einmal zornig werden. Will man ihn aber wirklich zur Weißglut bringen, sagt man ihm einfach, dass es nicht notwendig wäre, tief zu beugen!

Wir leben heute in einer Zeit, in der sämtliche Praktiken der Vergangenheit auf den Prüfstand gestellt werden. Inzwischen erlauben sich Wissenschaftler sogar, die heiligste aller Übungen zu bewerten und althergebrachte Praktiken zu hinterfragen.

Anlässlich aktueller Erkenntnisse ist es an der Zeit, das Wort „Tiefe“ aus dem Kniebeugen-Vokabular zu streichen. Es ist ein Wort, das nutzlos und irrelevant ist und teilweise Verletzungen provoziert, die ganz einfach hätten vermieden werden können.

Nun kann man sich fragen, was für eine Person es wagen kann, die Tiefe der Kniebeuge in Frage zu stellen und man wird im ersten Moment an einen brillentragenden Forscher denken, der keinen Bezug zum realen Training hat.

Vielmehr kommt der Impuls aber von einem ehemaligen Powerlifting-Champion aus dem Westside Barbell Lager. Ein Mann, der über zwanzig Jahre Erfahrung aufweisen kann und mit Legenden wie Dave Tate oder Jim Wendler trainierte.

Genau dieser Athlet namens JL Holdsworth hat es sich auf die Fahne geschrieben, die Kniebeuge und ihre Ausführung zu revolutionieren, um das maximale Leistungspotenzial bei minimalem Risiko auszuschöpfen. Warum man nicht tief beugen muss, ist seiner Ansicht nach ganz einfach begründet.

Wie die Tiefe der Kniebeuge willkürlich zum Standard wurde

In den späten 60er Jahren überlegten sich drei Athleten einen Sport zu kreieren und ihn Powerlifting zu taufen. Dafür wählten sie drei Übungen – die Kniebeuge, das Bankdrücken und das Kreuzheben – und setzten Regeln fest, die für die jeweilige Übung gelten sollten.

Für die Kniebeuge legten sie fest, dass eine gültige Wiederholung nur dann akzeptiert wird, wenn die Hüfte die Höhe der Knie erreichen würde. So wurde das Wort „Tiefe“ geboren. Mit steigender Beliebtheit des Powerliftings übernahmen Kraftsportler der ganzen Welt diese goldene Kniebeuge-Regel und machten sie zum Standard im gesamten Sport.

Schaut man sich die Kniebeuge aber genauer an, wird man schnell feststellen, dass sie auch nur eine Bewegung in den Knöchel-, Knie- und Hüftgelenken ist. Dabei ist es irrelevant, ob man fünf Zentimeter oder bis auf den Boden beugt – in beiden Fällen führt man eine Kniebeuge aus.

Trotzdem brannte sich die ursprüngliche Regel in die Köpfe der Athleten ein. Nicht nur bei denen, die das Powerlifting verfolgten, sondern auch bei jedem anderen Sportler, der sich eine Langhantel auf den Rücken legte.

Dabei beachtet der Fokus auf die Tiefe ein Gelenk kaum, das im Bewegungsablauf einer Kniebeuge eine tragende Rolle spielt: den Knöchel. Zusätzlich wird ein weiterer Faktor nicht berücksichtigt, der Kraft und Leistung bestimmt – der Bewegungsumfang, auch als Range of Motion (ROM) bekannt.

Anstatt den Fokus und die Leistung ausschließlich aufgrund der Tiefe zu bewerten, sollte der Bewegungsumfang im Knöchel-, Knie- und Hüftgelenk als Standard festgelegt werden. Warum? Weil zwei unterschiedlich tiefe Ausführungen trotzdem einen identischen Bewegungsumfang im Kniegelenk haben können.

Warum in aller Welt legen also Sportler, die ihre Berufung nicht im Powerlifting sehen, so großen Wert auf die Tiefe? Die Leistung leidet unter diesem Dogma, während zusätzlich das Verletzungspotenzial steigt. Und das nur, weil eine althergebrachte Tradition verfolgt wird.

Man muss nicht zwangsläufig tief beugen, um im Kniegelenk einen gleichen Bewegungsradius zu erzeugen. Die zwei weißen Linien wurden hier lediglich rotiert, nicht an sich verändert. 

Was bei einer Kniebeuge wirklich zählt

Egal, ob man Coach, professioneller Athlet oder einfach nur ein Sportler ist, der es mit den Gewichten ernst meint, die Tiefe der Kniebeuge aus der Gleichung zu entfernen, wird die eigentlich heile Welt aus den Angeln heben. Am Ende des Tages entscheiden jedoch andere Indikatoren, ob eine Kniebeuge gut ausgeführt wird oder nicht.

#1 – Es ist wichtig, gesunde Knöchel zu haben

Die Powerlifting-Tiefe-Standards basieren auf der Hüfte und den Knien. Auch die wissenschaftlichen Überprüfungen berücksichtigen zum Großteil diese beiden Gelenke. Was aber ist mit den Knöcheln? Merkwürdigerweise ignorieren die meisten ein Gelenk, das bei Kniebeugen die Bewegung führt.

Dabei ist es nicht relevant, ob man Sprinter, Wrestler oder Bodybuilder ist. Man muss sich immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass die Kniebeuge für den jeweiligen Sport keine Bewegung ist, die im Wettbewerb überprüft wird. Sie ist lediglich Mittel zum Zweck.

Stärker zu sein führt automatisch zu einer gesteigerten Leistungsfähigkeit und gerade in der Kniebeuge wird man riesiges Potenzial dafür finden. Trotzdem sind hier einige Grenzen gesetzt, wenn man seine Leistung maximieren möchte, gerade dann, wenn man es nicht schafft, Kraft in den Boden zu übertragen.

Die Füße, inklusive der Knöchel, sind die Leitung für diese Kraftübertragung. Unglücklicherweise scheitern die meisten Sportler dabei, diesen Teil ihres Körpers zu stärken, damit große Gewichte über einen riesigen Bewegungsumfang bewegt werden können.

Gesunde Knöchel + starke Füße = Optimale Kraftübertragung

Das Problem schwacher Füße wird oft umgangen, indem man die Fersen mit Hilfe von speziellen Schuhen erhöht. Hier gehen die offensichtliche Zahl der Gewichte und der eigentliche Ertrag der Leistung auseinander.

Wenn der komplette Fokus nur auf dem Bewegungsumfang der Hüfte liegt, vernachlässigt man einen nicht zu unterschätzenden Faktor zum Wachsen. Aus diesem Grund sollte jeder Sportler darauf bedacht sein, an der Belastbarkeit seiner Vorderfüße zu arbeiten, um von einer gesteigerten Kraftübertragung zu profitieren.

#2 – Es ist wichtig, das Training seinen Zielen und seiner Anatomie anzupassen

Tief liegende Hüftgelenke bedeuten automatisch, dass man gegen sein eigenes Skelett arbeitet, wenn extreme Bewegungsumfänge verwendet werden. Aus diesem Grund wird man bei Olympischen Gewichthebern auch selten Athleten mit tief liegenden Hüftgelenken finden.

So wird auch deutlich, dass die Tiefe kein Ding der Disziplin oder der Mobilität ist. Vielmehr bestimmt das individuelle Skelett, wie tief ein Athlet beugen kann. Lassen die Knochen nicht genug Platz, um die komplette Range of Motion zu nutzen, ohne dabei gegeneinander zu schlagen, muss hinterfragt werden, was der komplette Bewegungsumfang individuell bedeutet.

Man muss kein Leistungssportler sein, um sich Gedanken über die eigene Anatomie und Gesundheit zu machen. Auch im Hobbybereich sollte man sich fragen ob es Sinn macht, tief zu beugen, wenn man seine Knochen dadurch schädigt und sich nicht gut dabei fühlt.

Der Unterschied zwischen ein paar Zentimetern in der Tiefe kann über die Hüft- und Rückengesundheit entscheiden.

Ein Athlet ohne Ambitionen im Powerlifting sollte sich überlegen, ob eine tiefe Kniebeuge für ihn tatsächlich notwendig ist.

#3 – Es ist wichtig, strikte Standards zu haben

Ob man letztendlich „ass-to-grass“ beugt oder nur eine partielle Kniebeuge ausführt, der Bewegungsumfang und die Ausführung müssen konstant identisch sein, während der Ablauf qualitativ hochwertig ausgeführt wird.

Um das zu gewährleisten, macht es Sinn, Pins zu verwenden oder sich während der Beuge auf Boxen zu setzen. Auch Videos und Feedback von Trainingspartnern helfen, um klare Standards zu setzen und so auf ein festgelegtes Ziel hinzuarbeiten.

Hier greift das SAID-Prinzip (Specific Adaptions to Imposed Demand), was nichts weiter bedeutet, als dass einige Sportler für ihr Vorhaben eine größere ROM verwenden müssen als andere. So wird ein Basketballspieler kaum eine Ass-To-Grass-Kniebeuge ausführen, bevor er zum Dunk ansetzt.

Ganz nebenbei werden Eliteathleten schon alleine durch ihre Körperbeschaffenheit „vorsortiert“. So wird man selten einen Olympischen Gewichtheber mit einer tief liegenden Hüftpfanne oder einen 1,60 Meter großen Profi-Volleyball-Spieler sehen.

#4 – Es ist wichtig, Zugang zu einer vollständigen Range of Motion zu haben

Einer der wohl größten Vorteile der Kniebeuge ist der Übertrag auf tägliche Aktivitäten und Herausforderungen. Wen interessiert es, wie stark man ist, wenn man sich nicht eigenständig die Schuhe binden kann?

Geht es um allgemeine Mobilität und Anforderungen an den Muskelaufbau, ist eine umfangreiche ROM erforderlich, das Gewicht dabei jedoch zweitrangig oder gänzlich zu vernachlässigen. Wenn man an seinem Bewegungsumfang arbeitet, ist das eigene Körpergewicht vollkommen ausreichend.

Die Fähigkeit, sich selbst die Schuhe zuzubinden oder ein Kleinkind vom Boden aufzuheben wird nicht besser, wenn man sich von 180 Kilogramm in der Beuge auf 300 Kilogramm steigert. Die Steigerung ist einfach nicht relevant. So greift das SAID-Prinzip nicht nur für die anvisierte Sportart, sondern auch für das alltägliche Leben.

Den vollen Bewegungsumfang braucht man hinsichtlich der Kniebeuge lediglich in Alltagssituationen. Deshalb reicht das eigene Körpergewicht zur Mobilitätssteigerung definitiv aus.

#5 – Es ist wichtig, kein wählerisches Arschloch zu sein

Nur weil man selbst glaubt, seine eigene Beuge perfektioniert zu haben und schlauer zu sein als der Rest der Welt, ist man immer noch nicht dazu berechtigt, eine unbekannte Person auf Instagram für ihre Kniebeuge-Ausführung anzugreifen.

Viel besser würde es doch sein, wenn der besagten Person kompetent geholfen und Wissen vermittelt wird.

Wer über Jahre hinweg die Kniebeuge unter Powerlifting-Aspekten betrachtet hat, sollte nun die Möglichkeit ergreifen seine Welt zu erweitern und Standards zu entwickeln, die dem individuellen Trainingsziel entsprechen.

Jahrzehnte lang verfolgen alle Kraftsportler dieser Welt schon ein Ziel, nämlich möglichst tief zu beugen. Dabei wird immer übersehen, dass die Tiefe der Beuge auf festgelegten Standards im Powerlifting basiert. Diese Standards sind für Sportler, die nicht im Powerlifting aktiv sind, oft limitierend. So macht es viel mehr Sinn, seine Kniebeuge den eigenen Anforderungen entsprechend zu gestalten und auszurichten, um den größtmöglichen Übertrag auf seine individuelle Genetik und den favorisierten Sport zu erhalten.


Quelle: t-nation.com/training/forget-about-squat-depth

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