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Ibuprofen und Co.: Welchen Einfluss haben Schmerzmittel auf den Muskelaufbau?

Fast jeder, der schon eine gewisse Zeit ambitioniert am Eisen ist, dürfte wissen, dass hin und wieder kleinere Verletzungen und Wehwehchen aufgrund des intensiven Trainingspensums auftreten können. Um trotz der Schmerzen keine Trainingseinheit verpassen zu müssen, greifen nicht wenige Athleten daher hin und wieder zu Schmerzmitteln wie Ibuprofen. Aus so manchem Insider-Gespräch konnte man in der Vergangenheit sogar vernehmen, dass nicht wenige Profibodybuilder eine regelrechte Sucht zu den pharmakologischen Mitteln entwickelt hätten. Doch wie beeinflussen die nicht-steroidalen und entzündungshemmenden Medikamente, im Englischen abgekürzt als NSAIDs bezeichnet, unseren Muskelaufbau? Eine aktuelle Studie bringt die bisherigen Daten in den Kontext.

Das wohl am häufigsten verwendete Schmerzmittel in unseren Breiten stellt Ibuprofen dar. Es wirkt, indem es das Enzym Cyclooxygenase (COX) hemmt, welches wiederum für die Bildung von Prostaglandinen verantwortlich ist. Diese Gewebshormone entfalten beim Menschen abhängig vom Zielgewebe verschiedene Wirkungen. Eine ihrer Aufgaben ist jedoch die Übermittlung von Entzündungssignalen, damit dieser Abwehrmechanismus des Körpers eingeleitet werden kann. Wenn Ibuprofen also COX hemmt, blockiert es damit ebenfalls die Entzündung und das damit verbundene Schmerzsignal.

Auf der anderen Seite sind Prostaglandine ebenfalls in Prozessen involviert, die die Hypertrophie von Muskelzellen einleiten und einige systematische Studien zeigen, dass NSAIDs die Übertragung anaboler Signale hemmen können. Aus diesem Grund untersuchte die Studie den Einfluss einer hohen Dosierung von Ibuprofen auf die erwünschten Anpassungen an das Krafttraining anhand von jungen Männern und Frauen und verglich sie mit einer geringen Dosierung von Aspirin [1].

#sciencebased? – Das ist das Problem mit wissenschaftlichen Studien!

Science hier, evidenzbasiert da. Die Fülle an Informationen, die uns so mancher Influencer aus der wissenschaftlichen Literatur übermitteln will, können für viel Verwirrung sorgen und sind teilweise sogar widersprüchlich. In vielen Fällen scheint es, als würde die Forschung all die Prinzipien anfechten, die sich in Jahrzehnten der natürlichen Evolution des Sports herauskristallisiert haben. Somit passiert […]

Die Studie

Das Alter der 31 Hobbysportler und Hobbysportlerinnen lag zwischen 18 und 35 Jahren, die zuvor jedoch für mindestens sechs Monate kein strukturiertes Krafttrainingsprogramm ausgeführt hatten. Die Forscher teilten sie gleichmäßig in die beiden Gruppen auf und verabreichten ihnen entweder eine Gesamtmenge von 1200 Milligramm Ibuprofen am Tag, die auf drei Dosierungen aufgeteilt wurde, oder einmalig 75 Milligramm Acetylsalicylsäure, besser bekannt als Aspirin, pro Tag. Zwar ist die aufgenommene Menge des Ibuprofens vergleichsweise hoch, doch entsprechen die dreimal 400 Milligramm noch einer herkömmlichen Dosierungsempfehlung von Produkten, die man ohne Rezept in der Apotheke erwerben kann.

Die Forscher wiesen die Probanden an, mit einem Bein an einer sogenannten Flywheel-Beinstrecker-Maschine zu trainieren, wohingegen das andere Bein an einer herkömmlichen Beinstrecker-Maschine belastet wurde. Der Vorteil bei Flywheel Maschinen ist, dass der Widerstand mit zunehmendem Einsatz in der konzentrischen Phase ebenfalls zunimmt und dann während der exzentrischen Phase aktiv auf gleichen Niveau der konzentrischen Phase entgegenwirkt.

Hier ein Video von einem Gerätehersteller um das System zu verdeutlichen:

Innerhalb des achtwöchigen Trainingszeitraumes übten die Probanden 20 dieser Trainingseinheiten aus. Nach einem wiederkehrenden Warm-up führten die Teilnehmer vier Sätze mit je sieben Wiederholungen am Flywheel-Gerät aus, gefolgt von vier Sätze je acht bis zwölf Wiederholungen an der herkömmlichen Beinstrecker-Maschine.  Sobald die Männer und Frauen bei Letzterem mehr als zwölf Wiederholungen mit einem gegebenen Gewicht ausführen konnten, wurden die Lasten progressive erhöht. Die Pausenzeiten zwischen den Sätzen lagen bei zwei Minuten.

Sowohl vor als auch nach dem achtwöchigen Trainingszeitraum wurde die maximale isometrische Kraft an verschiedenen Punkten der Bewegung gemessen. Das bedeutet, dass getestet wurde, welchen Widerstand die Teilnehmer maximal statisch halten konnten. Nach einer Pause von fünf Minuten wurde ebenfalls das 1 Repetition Maximum (1RM), sprich das Gewicht ermittelt, welches die Probanden für eine Wiederholung sauber am herkömmlichen Beinstrecker-Gerät ausführen konnten. Am Flywheel wurde darüber hinaus die Peak-Power im Durchschnitt von zwei Sätzen ermittelt.

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Ebenfalls entnahm man drei Tage nach dem Leistungstest Gewebeproben aus dem Oberschenkel der Probanden für eine Biopsie und ermittelte weitere vier Tage später das Muskelvolumen mittels Magnetresonanztomographie (MRT).

Die Ergebnisse

Am Ende des Interventionszeitraumes konnte kein signifikanter Unterschied der durchschnittlich bewegten Last zwischen den Gruppen festgestellt werden (p=0,897). In beiden Gruppen erhöhte sich sowohl die isometrische als auch isokinetische Kraft um zehn bis 23 Prozent, wobei die Progression in der Aspirin-Kontrollgruppe insgesamt betrachtet signifikant höher war (p=0,031). Dagegen konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen in der Kraftentwicklung am herkömmlichen Beinstrecker-Gerät gemessen werden (p=0,537). Allerdings verbesserten sich die Ibuprofen-Nutzer deutlich weniger stark im Peak-Power-Test am Flywheel (p=0,03).

In beiden Beinen zusammengenommen bauten die Teilnehmer der Aspirin-Gruppe signifikant mehr Muskelvolumen auf als die Gruppe, die eine hohe Dosis Ibuprofen verabreicht bekam [1].
Das Volumen der beiden Quadrizepse im Durchschnitt stieg ebenfalls deutlich stärker in der Aspirin-Gruppe (p=0,029). Das bedeutet, dass eine hohe Dosis Ibuprofen im Vergleich zu einer geringen Dosis Aspirin den Aufbau von Muskelmasse deutlich hemmt. Schlussendlich bestand ein signifikanter Unterschied in der Expression des entzündungsfördernden Stoffes Interleukin-6, welches ebenfalls einen Regulator der zellvermittelten muskulären Hypertrophie darstellt [2]. In der Aspirin-Gruppe stieg dieser Parameter fast doppelt so stark wie in der Ibuprofen-Gruppe.

Der verschieden starke Muskelaufbau blieb ebenfalls signifikant höher in der Aspirin-Gruppe, wenn man zwischen den beiden Beinen unterschied, die mit unterschiedlichen Methoden trainiert wurden[1].

Kontext und Interpretation der Ergebnisse

Entzündungshemmende Schmerzmittel werden von Sportlern häufig verwendet, um Schmerzen und Entzündungen in Schach zu halten, die durch ein hohes und forderndes Trainingspensum entstehen können [3]. Allerdings wird dabei oftmals außer Acht gelassen, dass derartige Stoffe einige der Mechanismen hemmen können, die für die erwünschten Adaptationen der Muskulatur an den Trainingsreiz verantwortlich sind [4]. Diese Schmerzmittel können im Rahmen dessen die Aktivierung von Satellitenzellen unterdrücken, welche jedoch dem aktuellen Kenntnisstand nach eine Schlüsselkomponente in den späteren Stufen der Hypertrophie darstellt [5].

Um mehr über die Wichtigkeit von Satellitenzellen und den Mechanismen hinter dem Muskelaufbau zu erfahren, schau dir folgenden Artikel genauer an:

Zellulär betrachtet: So funktioniert Muskelaufbau!

Die meisten unserer Leser werden durchaus vertraut mit der Tatsache sein, dass es einen mechanischen Reiz sowie eine adäquate Nährstoffversorgung und Regenerationszeit braucht, um einen Muskel zum Wachsen zu bringen. Dieser Fakt klärt allerdings nur die Frage, wodurch ein Muskel wächst, die Frage nach dem „Wie“ ist dagegen wesentlich schwerer zu beantworten. In diesem Artikel […]

Ein Review aus dem Jahre 2012 schlussfolgerte, dass zahlreiche Kurzzeit-Studien gezeigt hätten, wie entzündungshemmende Schmerzmittel die Muskelproteinsynthese (MPS) in Folge des Krafttrainings hemmen könnten. Dem entgegen stehen einige Langzeitstudien, die entweder keinen negativen Effekt zeigen oder sogar eine verbesserte Hypertrophie bei älteren Menschen konnten [6]. Aus diesem Grund stellt die hier vorgestellte Untersuchung die erste Studie dar, die über einen längeren Zeitraum einen negativen Einfluss von NSAIDs auf die Steigerung der Muskelmasse und Kraft zeigen konnte.

Auch wenn es vielleicht gegensätzlich erscheinen mag, kann man die scheinbar unterschiedlichen Ergebnisse in einen plausiblen Zusammenhang bringen.

Dabei müssen wir folgende Punkte beachten:

  • Die Studien, die bei jüngeren Athleten zu keiner Beeinträchtigung führten, nutzen mit 400 Milligramm Ibuprofen pro Tag eine Dosierung, die unterhalb des Schwellenwertes der Inhibition liegt [7].
  • In der Studie an älteren Menschen wiesen die Probanden womöglich bereits im Vorfeld ein hohes Maß an Entzündungen auf, wie es im Alter üblich ist [8]. Aus diesem Grund wird die Dosierung von 1200 Milligramm womöglich sogar hilfreich für die Hypertrophie gewesen sein, da ein zu hohes Maß an Entzündungen ebenfalls den Muskelaufbau beeinträchtigt und das entzündungshemmende Mittel den Grad der Inflammation in einen vorteilhafteren Bereich abgesenkt hat [9].

Betrachten wir diese Studien im Zusammenhang, scheint es angemessen zu schlussfolgern, dass der Einfluss von NSAIDs auf den Muskelaufbau vom Alter des Nutzers, seinem Grad der Entzündungen, den vorherrschenden Schäden der Muskulatur und Entzündungsreaktionen in Folge des Krafttrainings sowie der Frequenz und Dosierung der Schmerzmittel abhängig ist. Des Weiteren spielt wahrscheinlich auch der Trainingsstatus eine Rolle beziehungsweise ob eine Aktivierung von Satellitenzellen für eine zusätzliche Hypertrophie nötig ist. Aus diesem Grund muss der Einsatz und die Dosierung von Ibuprofen und Co. stets im Kontext zu den vorherrschenden Gegebenheiten betrachtet und auf Basis dessen entschieden werden.

Diese Studie zeigt, dass Schmerzmittel langfristig gesehen tatsächlich einen negativen Effekt auf den Muskelaufbau ausüben können. Was wir bisher jedoch nicht kennen, sind die Schwellenwerte für sowohl den trainingsinduzierten Stress als auch die Dosierung der NSAIDs, bei denen die Verminderung der erwünschten muskulären Anpassungen an das Krafttraining deutlich wird. Aus diesem Grund wäre es schön in Zukunft Untersuchungen zu sehen, die verschiedene relative Trainingslasten und unterschiedliche Dosierungen der Medikamente verwenden, um herauszufinden, in welchem Umfang entzündungshemmende Schmerzmittel wie Ibuprofen von Athleten eingesetzt werden können, ohne dabei die Fortschritte zu beeinträchtigen.

Zusammenfassung und Fazit

Bei gesunden, jungen Probanden scheint die Einnahme einer hohen Dosierung von 1200 Milligramm Ibuprofen pro Tag sowohl den Muskelaufbau als auch die Kraftentwicklung zu hemmen. Vorherige Studien zeigten allerdings, dass geringere Dosierungen von beispielsweise 400 Milligramm pro Tag womöglich keinen negativen Effekt auf diesen Parameter besitzen und derartig hohe Dosierungen bei älteren Personen sogar die Hypertrophie unterstützen könnten. Grund dafür ist, dass die Mechanismen, die für die entzündungshemmende Wirkung des Medikaments verantwortlich sind, ebenfalls die Aktivierung von Satellitenzellen und weitere Signalwege der muskulären Hypertrophie dosisabhängig beeinträchtigen können.

Der akute und kurzzeitige Gebrauch von Schmerzmitteln wie Ibuprofen, beeinflusst die erwünschten Anpassungen der Muskulatur auf das Krafttraining aller Wahrscheinlichkeit nach nicht signifikant negativ. In Trainingsphasen, in denen die Hypertrophie nicht im Vordergrund steht, aber Gelenkschmerzen dennoch stark vorhanden sind, könnten moderate Dosierungen von NSAIDs zum Einsatz kommen. Ein Beispiel dafür wären die letzten Wochen vor einem Powerlifting-Wettkampf, in denen die sich anhäufende Belastung des schweren Trainings zu Schmerzen im passiven Bewegungsapparat und damit verbunden auch zur Hemmung der Kraftleistung führen kann. Hier könnte sich die akute und zeitlich begrenzte Einnahme von NSAIDs sogar als hilfreich erweisen. Dennoch sollte stets von Fall zu Fall entschieden werden.

https://www.instagram.com/p/B2HDdSIgRD1/


Primärquelle:
Eric Helms: „What Can We Learn about Muscular Adaptation from Ibuprofen?“, Monthly Applications in Strength Sport (MASS), Volume 1, Issue 7

Literaturquellen:

  1. Lilja, M., et al., High‐doses of anti‐inflammatory drugs compromise muscle strength and hypertrophic adaptations to resistance training in young adults. Acta Physiologica, 2017.
  2. Serrano, A.L., et al., Interleukin-6 is an essential regulator of satellite cell-mediated skeletal muscle hypertrophy. Cell metabolism, 2008. 7(1): p. 33-44.
  3. Alaranta, A., H. Alaranta, and I. Helenius, Use of prescription drugs in athletes. Sports Medicine, 2008. 38(6): p. 449-463.
  4. Trappe, T.A., et al., Effect of ibuprofen and acetaminophen on postexercise muscle protein synthesis. American Journal of Physiology-Endocrinology and Metabolism, 2002. 282(3): p. E551-E556.
  5. Mackey, A.L., et al., The influence of anti-inflammatory medication on exercise-induced myogenic precursor cell responses in humans. Journal of applied physiology, 2007. 103(2): p. 425-431.
  6. Schoenfeld, B.J., The Use of Nonsteroidal anti-inflammatory drugs for exercise-induced muscle damage. Sports medicine, 2012. 42(12): p. 1017-1028.
  7. Krentz, J.R., et al., The effects of ibuprofen on muscle hypertrophy, strength, and soreness during resistance training. Applied Physiology, Nutrition, and Metabolism, 2008. 33(3): p. 470-475.
  8. Woods, J.A., et al., Exercise, inflammation and aging. Aging and disease, 2012. 3(1): p. 130.
  9. Trappe, T.A., et al., Influence of acetaminophen and ibuprofen on skeletal muscle adaptations to resistance exercise in older adults. American Journal of Physiology-Regulatory, Integrative and Comparative Physiology, 2011. 300(3): p. R655-R662.
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1 Kommentar

  1. Interessant, dass Ibuprofen den Muskelaufbau hemmt. Ich habe mir gerade zwei Packungen aus der Apotheke liefern lassen. Die werde ich nun eher nicht nehmen. Es ist ja eh am gesündesten, auf Medikamente zu verzichten, wenn man nicht krank ist.

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